Abitour 2001 oder "Des steht ALLES im Atlas!"

Aus der Abizeitung (S.118)

Palmen. Strand. Sonne. Viel Sonne. Sehr viel Sonne. Cocktails und Bier bis zum Abwinken. Bananaboot fahren, Wracktauchen und Step-Aerobic. Und das alles eine Woche lang für 890 läppische Deutschmark. Während daheim Gevatter Regen mit Mütterchen Wolke Ringelpietz mit Anfassen spielte, aalten wir uns am glühheißen türkischen Strand und ließen es uns gut gehen. Aber wer, bitteschön, war eigentlich so dumm und ließ uns in einen der exklusivsten Clubs der ganzen Türkei – und das für den Preis? Aber von Anfang an. Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde, und die Erde war wüst und leer – siehe Marktredwitz und Umgebung. Am zweiten Tag schuf Gott die Erholung und den Urlaub, sowie einige Urlaubsparadiese. Aus diesem Grund veranstaltet jede Abiturjahrgang eine Abi-Tour, liebevoll auch A-Bier-Tour genannt, in der das fürs Abi mühsam Erlernte mit Hilfe von Unmengen von Alkohol wieder aus den Köpfen gewaschen wird. Mit der Planung unserer Sauftour wurden Carsten und Andrea beauftragt. Nach der Auswahl des Ziels – der Türkei (nicht die in der Braustraße, nein, die RICHTIGE Türkei) fand Carsten schnell mit Hilfe des Internet-Reisebüros Argonaut.de den richtigen Ort für unsere Chaotentruppe: den Caesars Club in Belek, 60 km süd-westlich von Antalya, vier Sterne, all inclusive. Für den waren die 890 Deutschmark schon ein echtes Schnäppchen. Ein Minuspunkt war unsere Fluglinie Onur-Air, die uns von Leipzig nach Antalya und zurück bringen sollte. Der Name stammt, wie wir jetzt wissen, vom ersten Eindruck, den der Passagier gewinnt, wenn er das Flugzeug betritt: "Oh, nur Holzstühle!" Viele waren der Meinung, man könne diese Fluglinie auch in "Anti-Schwiegermütter-Unternehmen" umbenennen. Aber dazu später. Und jetzt eine kleine Rechnung: Von 50 Mann/Frauen im Jahrgang sind 6 aus unterschiedlichen Gründen (einige wollten mit, konnten aber leider nicht) nicht mitgeflogen, dafür aber 2 Nicht-K13er. Macht Summa Summarum 46 (!) Personen, unseres Wissens die höchste Teilnehmerquote ever. Nun... das Abi lief also (wohin eigentlich?), und der Termin des Abfluges, der 2.6.01, rückte immer näher. Da plötzlich machte ein Gerücht die Runde: Man hat uns umgebucht! Etwas ist schief gelaufen! Wie werden alle sterben! Ohgottohgott! Nach einiger destruktiver Verwirrung offenbarte Carsten uns folgende Geschichte: Aufgrund eines Buchungsfehlers war unser Hotel, der Caesars Club, überfüllt. Nun hätten sechs unserer Mitstreiter in ein anderes Hotel gemusst – das allerdings wäre in niemandes Interesse gewesen, und so sagte Carsten einer Umbuchung der ganzen Truppe zu. Nicht ohne Risiko, da man ihm zunächst nicht sagen konnte, wohin es uns verschlagen würde. Es verschlug uns ins Paradies. Unser neues Ziel hieß Magic Life Club Kiris und erschien uns als der Ort, aus dem Adam und Eva geschmissen wurden, nachdem sie zuviel gesoffen hatten... vielleicht ist ihnen aber auch nur das Geld ausgegangen, da dieser Club pro Woche ungefähr 2500 harte Deutschmark kostet. Man sperrte uns also in ein Luxushotel und übernahm auch noch die Mehrkosten! Schweinerei, dachten wir, so nicht! Wir lassen uns doch nicht verarschen! Ließen wir doch.
Das passende Zitat für dieses Schweineglück war Hörnchens "Plus von hier bis zum Andromeda-Nebel!" Am Samstag, den 2.6. trafen wir uns dann um 5.30 früh am Realschulparkplatz. Einige schleppten genug Gepäck mit für eine ausgedehnte Himalaya-Expedition, andere beschränkten sich auf Kippen-Badehose-Ticket. Die Busfahrt nach Leipzig verlief a) ruhig und b) einigermaßen nüchtern. Der Flughafen selbst ist neu aber sehr sächsisch, und hat nicht mal einen McD für ein vernünftiges Frühstück. Der Flug mit Onur-Air war einigermaßen erträglich, trotz der Dudelmusik bei Start und der nicht geraden sanften Handbremsen-Landung. Da einige von uns zum ersten Mal flogen, hielten wir uns mit dummen Witzen wie "Oh Gott, das linke Triebwerk brennt! – Scherz, es war das rechte!" noch zurück. Da das Flugzeug angenehm kühl klimatisiert war – wahrscheinlich war irgendwo ein Loch in der Hülle – empfing uns in der Gangway in Antalya das, was man so harmlos als "Hitzewand" bezeichnet. Nach dem ersten Eindruck der dort herrschenden Temperaturen – viele von uns trugen noch lange Hosen – konnten wir den nagelneuen Touristenflughafen von Antalya begutachten: Viel Marmor, groß, kühl, teuer. Aber wir wollten ja nicht shoppen sondern nur schnell zum Hotel. Fast ohne Probleme kamen wir durch den Zoll und durchquerten die unerträgliche Hitze (na ja, fast unerträglich) bis zu unserem Bus, in dem uns unser Reiseleiter von DEMED begrüßte und uns danach einem "lustigen" türkischen Knilch mit dem Scherznamen "Muhammed Ali" überließ, der uns die einstündige Fahrt nach Kiris mit aller Gewalt und türkischer Musik zu versauen suchte – was ihm aber aufgrund unserer Vorfreude nicht sonderlich gelang. Das Einchecken im Hotel (gegen 1700) ging schnell und problemlos von statten, nur die anschließende Zimmersuche auf den 70.000 qm gestaltete sich teilweise schwierig, da wir alle sehr isoliert und von den anderen getrennt in verschiedenen Häusern untergebracht worden waren.
Ein paar Worte zur Anlage: 11 (!) Bars, 70.000 qm, 3 Restaurants, all inclusive, nervige Fotografen, 3 Pools, alle erdenklichen Sportarten, Wasserski, et cetera. Auf Deutsch: GEIL! Die Beschäftigungsmöglichkeiten wurden an diesem Abend nicht sonderlich stark in Anspruch genommen; es wurde gebadet (Meer + Pool), gefressen (hervorragend), gesoffen (viel), gelacht (laut) und sich auch sonst so aufgeführt, wie man es von einer deutschen Touristentruppe erwarten kann, nämlich laut und ordinär. Als wir dann so gegen 2300 in kurzen Sachen mit einem Drink in der Hand am Pool rumflackten, überkam uns zwar große Genugtuung und Befriedigung, aber auch das erschreckende Gefühl, das an der Idylle etwas faul sein müsse; die Sache müsse quasi einen Haken haben! Gleich vorweg: Sie hatte einen.
Sonntag, 3.6.
Um 1000 früh wurde eine müde und fertig wirkende Truppe von unserem Reiseleiter eingewiesen; er klärte uns über die Ausflugsmöglichkeiten auf, ging mit uns die Rückflugtickets durch und war auch sonst sehr nett und konstruktiv. Wir allerdings hatten Kopfweh und waren noch oder schon wieder am saufen, was auch die Unruhe bei seinen Ausführungen erklärte. Nur der Ausflug nach Antalya stieß auf ein wenig Interesse, die anderen Möglichkeiten wurden beiseite gekehrt. Das Frühstück war hervorragend, genau so wie das Spätaufsteher-Frühstück, das Mittagessen, die Snacks, Kaffee und Kuchen, das Abendessen und der Mitternachts-Imbiss. Kurz gesagt: man konnte von 0700 bis 0100 durchfressen. Manche von uns haben sich in dieser Zeit wirklich bis an den Rande der Völlerei vollgeschlichtet, was aber keinerlei Auswirkungen auf die scheinbar unerschöpflichen Nahrungsquellen in den Küchen des "Taurus"-Buffetrestaurants hatte. Der Rest des Tages verlief wie folgt (im Folgenden "Standart-Tagesablauf" genannt): An den Strand gehen, hinflacken, sonnencremen, bräunen lassen, in Wasser hüpfen, eine Runde schwimmen, an die Strandbar gehen, (mehr oder weniger) saufen, Mittagessen, bräunen, saufen, rumrödeln, schwimmen, Abendessen, an der Poolbar saufen, nachtschwärmen, Mitternachtsimbiss nehmen, rumrödeln bis X Uhr, ein bisschen schlafen. Je nach Vorlieben lässt sich dieser Tagesablauf von Mensch zu Mensch noch ergänzen durch: lesen, Step-Aerobicen, Bananabooten, Volley- Basket- Wasserballen, Sauna-en, fotografieren, Henna-Tatooen, Kung Fu-en, Tai chi-en, flirten, tanzen, sonnenbrennen, Haut abschälen, einkaufen gehen etc etc. Und all das war mit drin – oder wie es Markus ausdrückte: "Des steht ALLES im Atlas!" Man hätte in diesem Urlaub keine müde Mark ausgeben müssen!!! Ein Wort zum Alkohol: Standartgetränk war Efes, das türkische Standartbier. Daneben gab es die üblichen Alkoholika (Wodka-Orange...) und etliche Cocktails (Gin Fizz). Das Problem war nur: Alles war gestreckt. Das Bier, der Wodka, alles war schon werksmäßig gestreckt. Und mit fortschreitender Uhrzeit sowie mit zunehmender Bestellmenge sank der Alkoholgehalt in den Getränken merklich ab. Wer also gegen 12 Uhr den fünfzehnten Wodka Oange bestellte, bekam nur noch O-Saft-Konzentrat. Wie sonst lässt sich der Rekord von 40 0.3er Bieren plus diverses Kleinzeug an einem Tag erklären??? Etliche unserer Truppe hätten sich mit ihrem Konsum unter sämtliche Tische gesoffen, wäre das Zeug nicht alles gestreckt gewesen. Aber egal, man konnte sich ja noch eins holen... und noch eins... und... an diesem Sonntag haben wir mit vereinten Kräften die Poolbar leergesoffen. Prost, Jost!
Montag, 4.6.
Standart-Tagesablauf. Besonderheiten: Es war nicht mehr ganz so heiß wie am Sonntag ("nur" noch 34 Grad Sonne / 25 Grad Meer und Pool) und etwas diesig. Trotzdem schafften es einige Leute (z.B. Geppi, Carmen) sich sämtliche Gehirnzellen wegzubrutzeln; ihre roten Schultern strahlten wie eine Supernova. Unsere drei Taucher, namentlich Daniel, Horny und Geggo besuchten zum ersten Mal Freund Fisch und durchtauchten die liebevoll aufgebauten Taucher-Parcours vor der Küste. Andere vergnügten sich mit den kostenlosen Bananaboot-Fahrten, während Josch, Corinna und Frydl mit einem Mietwagen die Umgebung erkundeten. Das Angebot, sich relativ preisgünstig Henna-Tatoos malen zu lassen, nahmen auch einige unserer Mitkommilitonen in Anspruch; Paddys Brustaufschrift "Ficken Für’n Frieden" war DAS Gesprächsthema in der Hotelanlage schlechthin.
Dienstag, 5.6.
Standart-Tagesablauf. Besonderheiten: An diesem Tage fand die mehrstündige Antalya-Fahrt statt, bei der ungefähr die Hälfte unserer Rödeltruppe mitfuhr. Da der Autor dieses Textes jetzt a) müde und b) zu faul ist, wird diese Fahrt jetzt wie folgt umschrieben: Schmuckpalast- Bazar – Wasserfälle – aufdringliche Verkäufer – miese Anmachen – Hitze. So. Sonst war alles wie immer - bis auf den türkischen Abend in unserem Restaurant: Zum ersten Mal echten türkischen Döner! Die Folklore am Rande fiel angesichts der dort versammelten Köstlichkeiten gar nicht mehr auf.
Mittwoch, 6.6.
Standart-Tagesablauf. Besonderheiten: Zum ersten Mal sah man echten Wellengang, da ein Stürmchen über unser Hotel fegte und der Wind die Luft angenehm kühlte. Das Meer war trübe, aber die Stimmung wie immer ausgelassen. Wir hatten uns mittlerweile auf Grundschulniveau zurückgesoffen.
Donnerstag, 7.6.
Siehe oben.
Freitag, 8.6.
Wir nahmen mit exzessiven Orgien Abschied von unserem kleinen Paradies. Das heißt: Standart-Tagesablauf. Besonderheiten: Erhöhter Alk-Genuss.
Samstag, 9.6.
Um 0315 (!) ging unser Bus nach Antalya. Und das war der Haken an der Sache: Wir mussten wieder nach Hause!!! Mit verweinten Augen schleppten wir uns durch den Flughafen, den sauteuren Burgerking (Menü: 16.- +) und betraten die desolat wirkende Onur-Air-Maschine, bei der die Sitze auseinander fielen und die Deckenverkleidung herabhing (kein Scheiß!). Die Heimfahrt war traurig, erschlagen und irgendwie müde, zumal jetzt wieder Arbeit an Abizeitung, -ball, -verabschiedung etc anstand.
Schlusswort: Geil! Geilgeilgeil!!! Sogar unsere superweißen Mitstreiter sind braun geworden, während es in der Heimat schiffte wie die Sau!
Folgende Tipps an die Jahrgänge nach uns:

  1. Es geht nichts, aber auch gar nichts über All Inclusive.
  2. Lasst euch umbuchen.
  3. Je heißer, desto besser. Sonnencreme nicht vergessen!
  4. Fliegen ist geil und tut nicht weh... außer mit Onur-Air.

Hannes

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