Der Physik LK im KKW Isar II

Aus der Abizeitung (S.134)

Uns wurde im Physik Lk schnell klar, dass Märkers Klaus einer der knickerigsten war, wenn es um Kursfeten ging. Umso erfreuter waren wir, als Meister Märker einen Besuch im nächsten Kernkraftwerk der Region in Landshut organisiert hatte. Warum ausgerechnet Landshut? Weil es in Niederbayern liegt, und er von dort stammt und auch die Eingeborenensprache spricht. So machten wir uns an einem Freitagnachmittag mit dem Zug auf in Richtung Landshut. Beinahe aber wäre unser Chefchen bei einem Halt verschütt gegangen, da er die fünf Minuten Aufenthalt nutzte um sich vom Bahnhofskiosk Fressalien zu besorgen. Endlich in Landshut angekommen, wollte er uns erst, wie letztes Jahr quer durch die halbe Stadt (und Landshut ist etwas größer als Rawetz) zur Jungendherberge latschen lassen. Aber wir setzten dann doch eine Busfahrt durch. Der Herbergsvater war irgendwie mit der Schwester, der Tante, der Nichte, des Bruders, des Enkel dritten Grades mit der Klausens Frau verwandt. Auf jeden all hatte er dorthin Beziehungen. Den Rest des Nachmittags ging zur Freude unserer im Lk unterdrückten weiblichen Minderheit für Shopping in Landshut drauf. Es wurde Abend und es begann zu regnen. Klaus wollte mit uns in ein Restaurant in Landshut essen gehen. Zielstrebig schleuste er uns durch die engen Seitengassen Landshuts zu einem Lokal. Nur dieses hatte erstens zu, zweitens war es nicht das, was er gesucht hatte. Also ging es weiter zum nächsten Restaurant, da wiederholte sich das Spielchen. Der Regen wurde zusehends stärker und das angestrebte Lokal ließ sich nicht finden. Nach noch ein paar Anläufen fanden wir es dann doch. Dieses Restaurant ist urig und echt einmalig. Pizza gibt es in drei Größen: klein, normal und Wagenrad. Klausi bestellte sich natürlich das Wagenrad, was man bei uns als Familienpizza bezeichnet hätte. Er hatte ja Hunger, genau wie damals als er hier mit seiner (zukünftigen) Frau essen war und der Kellner nach der Familienpizzabestellung gehen wollte, und Klaus ihn zurückpfiff, denn seine Frau wolle schließlich auch was essen. Der Regen hatte aufgehört, Isar war um einige Meter angeschwollen und wir gingen wieder quer durch die Stadt zur Herberge. Im gemütlichen Zusammensein ließen wir den Abend dann ausklingen.
Am nächsten Tag ging es zum KKW, das etwas außerhalb von Landshut lag. Deshalb setzten wir uns wieder in den Zug und fuhren angeblich in einen Ort in der Nähe von Landshut. Nur dort besuchte Meister Klaus erst mal einen Supermarkt, um sich mit Fressalien und speziell Weintrauben einzudecken. Es folgte ein mehrere Kilometer langer Fußmarsch Richtung Reaktor, den Klaus mit der Weintraubentüte in der einen Hand, mit der anderen Hand Traube für Traube essend entlang schlenderte und wir hinter ihm, bis Josch eine Weinbergschnecke am Weg sah und mitnahm. Sein Plan war erst, die Schnecke auf dem kahlen Haupt unseres Anführers zu platzieren. Doch dies schlug fehl. So wanderte die Schnecke im zweiten Anlauf kurzer Hand in der Weintraubentüte. Wir konnten so schon das Lachen fast nicht mehr zurückhalten. Doch als der nichtsahnende Klaus nach der Schnecke im Beutel griff, ging nichts mehr. 1000 Punkte für Josch und eine Lachsalve für "Schnellchecker" Märker. Nebenbei kamen wir dem Kraftwerk immer näher auf dem Weg durch Felder und Dörfer (naja, halt des, woraus Niederbayern besteht). Nach dem Mittagessen liefen wir im KKW ein und starteten sofort, nach einem ersten Einblick im Besucherzentrum und einem Sicherheitscheck, mit einer Führung in das Kraftwerksinnere. Wir legten Schutzkleidung an, und nach unzähligen Schleusen kamen wir im Reaktorraum an. Wir standen sozusagen nur mehrere Meter neben einer kontrollierten Atombombe, fantastisch. Anschließend folgte noch eine mehrstündige Führung durch den Rest des Werkes, die aber keine Langeweile aufkommen ließ, da immer interessanteres technisches Gerät besichtigt wurde, und deren Funktionsweise auch noch exzellent erklärt wurde. Abschließend zeigte man uns eine High-Tech-Nebelkammer in Funktion, deren Nebelstreifen einiger radioaktiven Teilchen einen Normalmenschen zwar nicht aus dem Sessel hauten, aber einen Physiker oder zumindest Physik-Lkler ein Staunen entlockte. Bevor es zum Bahnhof ging, gab es erst mal eine Brotzeit mit Fachdiskussion, bei der die direkt neben Klaus Sitzenden nur bezüglich des Informationsangebots nicht verhungerten. Alles in allem hatten wir sehr viel über Kernkraft gelernt. Josch und Volker hatten sogar einigermaßen die Eingeborenensprache gelernt bzw. den für uns so normalen Buchstaben ‚L’ damit verlernt. Alle fanden die Aussprüche von Josch, wie "Voika, Voika, wo isn ma Schnoin?" recht lustig, bis auf unseren Fahrer vom Werksschutz. Dieser konterte die Persiflage auf seine "Sprache" mit einem "Wennst net, glei daij Pappn häits, laafst no Londshuat!". Aber wir sind dann trotzdem am Bahnhof angekommen. Die Heimfahrt, war recht ruhig, da alle müde und geschlaucht waren. Doch alle Gesichter strahlten. Woher wohl bloß? Zum Schluß bleibt nur noch die Feststellung: Fällt der Bauer tot vom Traktor, steht am Waldrand ein Reaktor.

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